Von Michael Grewe
Eine Vielzahl von Büchern befasst sich mit dem Thema, wie man Hunden etwas beibringen kann. Unzählige Tipps und Tricks sollen helfen, Hunde vom Jagen abzuhalten oder sich mit Aggressionen zu arrangieren, die zum Teil gegen andere Hunde und Menschen, aber auch gegen die eigenen Besitzer gerichtet sind. Probiert man sich in diesen Techniken, muss der überwiegende Teil der Hundehalter feststellen, dass ihre Hunde, sehr wohl gut trainiert in Sachen "Sitz, Fuß, Platz", dies meist in den entscheidenden Situationen nicht leisten wollen oder es vielmehr nicht leisten können.
Unklar ist den meisten Hundehaltern, die ihren Hund liebevoll und behutsam in diese Welt integrieren wollen, die Komplexität der sozialen Beziehung auf der einen Seite und die Einfachheit des Lernens auf der anderen Seite. Zu sehr wurde in den letzten Jahrzehnten das Formale, wie "Sitz, Fuß, Platz" in den Vordergrund gestellt und daraufhin der Hund für gut erzogenen erklärt. Vernachlässigt hat man das Sozialverhalten des Hundes. Sich in der Gruppe sozial adäquat zu verhalten und sich am notwendigen souveränen Status des Menschen zu orientieren. Zum souveränen Status des Menschen gehört die angepasste, gelegentliche Begrenzung des Hundes genauso dazu wie der behutsame Umgang mit ihm. Mit Begrenzung ist hier nicht das permanente "Drücken" des Hundes gemeint, sondern der sinnvolle Einsatz unterschiedlichster Möglichkeiten. Genauso wenig kann aber mit "liebevoll und behutsam" ein unreflektierter Ansatz in Bezug auf Freiraum gemeint sein. Die Begriffe Freiraum und Begrenzung stehen in Abhängigkeit zueinander: Ohne das Bewusstsein von Grenzen gibt es kein Bewusstsein für Freiraum. Je klarer dies zum Hund gelebt wird, desto einfacher ist es für ihn.
In vielen Fällen ist oft schon die fachlich falsche und häufig emotional belegte Verwendung von Begriffen wie "positive und negative Verstärkung" maßgeblich an der Verwirrung der Hundehalter beteiligt. Bedient man sich der Lerntheorie, stehen jedoch "positiv" und "negativ" nicht als "gut" und "schlecht" für sich allein, sondern in einer sinnvollen Beziehung zueinander. Sie lassen sich schlichtweg nicht trennen.
Zur Verwirrung der Hundehalter wird beigetragen, indem immer mehr "neue" Theorien und Erkenntnisse über Haltung, Erziehung und das "richtige" Zusammenleben von Mensch und Hund um sich greifen. Den meisten dieser "Neuheiten" ist die Tatsache gemeinsam, dass sie oft nichts mit Hunden zu tun haben, sehr wohl aber die Menschen von einer Hoffnungswelle zur nächsten tragen. Es steht fest, dass nicht alles nur "schön" sein kann. Auch "unschöne", sehr wohl aber angepasste, Antworten sind ein unabdingbarer Bestandteil von Erziehung. Sinnvollerweise sollte sich die Wahl der Mittel immer am Entwicklungsstand des Hundes, der Kompetenz des Halters und an der genetischen Disposition des Hundes orientieren.
Häufig sind es die "unbegrenzten" Hunde, die in der Öffentlichkeit für Schlagzeilen sorgen und im Anschluss aus Ohnmacht ins Tierheim gebracht werden müssen. "Sitz, Fuß, Platz" können sie alle. Nie gelernt haben sie, sich angepasst in unserer Welt zu verhalten. Die durch falsche Literatur und inkompetente Hundetrainer verwirrten Hundehalter tragen leider als einzige die Verantwortung dafür.
So ist es nicht verwunderlich, dass die Politik, auf Druck der Nichthundehalter, zu drastischen Maßnahmen greift. Leine und Maulkorb werden in der Zukunft immer stärker das Erscheinungsbild des Hundes in der Öffentlichkeit prägen. Ob rassebedingt oder aufgrund eines Vorfalles, wie z. B. das Jagen eines Kaninchens – gleichgültig, ob der Hund es gerissen hat oder nicht – machen aus einem netten, sozial intakten Hund einen gefährlichen Hund. Den Denunzianten wird "Futter" gegeben und die Hundehalter werden unter einen enormen Druck gesetzt. Diese Maßnahmen und die ohnehin fragwürdigen "Wesenstests", meist aus politischer Hilflosigkeit entstanden, werden Übergriffe auf Mensch und Tier nicht vermeiden können, wenn nicht zusätzlich ein gesellschaftliches Verantwortungsbewusstsein aller Hundehalter entwickelt wird.
Verantwortung für einen Hund zu übernehmen, bedingt die Fähigkeit zu erkennen, wann und wie in sein Verhalten eingegriffen werden sollte – oder eben auch mal nicht. Es ist die Fähigkeit, Antworten für seine Fragen zu haben und ihn in entscheidenden Situationen nicht sich selbst zu überlassen.
Offensichtlich verwirrt durch das Lesen unterschiedlichster Literatur in Sachen Hundeerziehung, kann man den Hundehaltern nicht unbedingt einen direkten Vorwurf machen. Haben sie doch aus ihrer Sicht häufig alles getan. Selbst Besuche in unterschiedlichsten Einrichtungen, die sich mit Hundeerziehung befassen, haben meist nicht den gewünschten Erfolg mit sich gebracht. So wie das Zusammenleben mit dem Hund grundsätzlich nicht aus Büchern zu lernen ist, kann ich die Verantwortung für meinen Hund auch nicht auf andere, außerhalb der Lebensgemeinschaft stehende, Menschen übertragen.
Hier setzt unser Anspruch an diejenigen Menschen an, die ihre Arbeit mit Menschen und Hunden tagtäglich leisten. Ob sie sich Hundetrainer oder Verhaltensberater nennen – sie alle sind an der Entwicklung unserer Gesellschaft, zumindest in Bezug auf den Hund, beteiligt und tragen auch eine nicht unerhebliche Verantwortung. Zumindest sollten sie das.
Viele dieser Gedanken sind in den Gesprächen mit Erik Zimen entstanden und bilden den Grundstein von CANIS. Erik Zimens Eindeutigkeit in der Benennung von Missständen, seine Schonungslosigkeit gegenüber Institutionen und selbst ernannten Gurus versprachen vor allem eines: Klarheit! Klarheit sowohl für den Hundehalter als auch für den Hund.
So bedeutet auch sein früher Tod für uns, seine Erkenntnisse und Gedanken in Sachen Mensch und Hund immer wieder transparent zu machen. Man muss die Defizite in der Hundehaltung offen und klar ansprechen und in der Lage sein, sich damit auseinanderzusetzen. Dazu gehört es auch, scheinbare Mehrheiten und Trends fachlich in Frage zu stellen, aber auch selbst in Frage gestellt zu werden.
Wir sehen nicht nur hier einen Beitrag von CANIS, wenn es darum geht, Menschen ein umfangreiches, wissenschaftlich fundiertes kynologisches Wissen zu vermitteln, um ihre fachliche Kompetenz zu fördern, sondern auch darin, den Blick für die Verantwortung, die jeder Einzelne von ihnen trägt, zu schärfen. Am Ende ist es nicht nur Fachlichkeit oder Emotionalität, die den Begriff "Verantwortung für Mensch und Hund" zu übernehmen erfüllt, sondern die richtige Mischung aus beidem. Das führt unweigerlich zu der Erkenntnis, das CANIS-Zentrum für Kynologie sich grundsätzlich sowohl von sinnlosen Softmethoden als auch von gewaltsamen Erziehungsmethoden eindeutig distanziert!
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Der CANIS-Podcast – Hundeexpert:innen ausgefragt